Seit 15 Jahren bietet die Fachberatungsstelle gegen Zwangsheirat des Mädchenhaus Bielefeld e.V. ein umfangreiches Informations-, Präventions-, und Beratungsangebot für Betroffene, Unterstützungspersonen und Multiplikator*innen aus NRW zum Thema Zwangsverheiratung an. Das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen fördert die Fachberatungsstelle und hat insbesondere im letzten Jahr über die Kampagne „EXIT.NRW – Schutz vereint – Nordrhein-Westfalen gegen Zwangsheirat“ dem Thema viel Aufmerksamkeit geschenkt. Die Fachberatungsstelle konnte in den letzten 15 Jahren über 2.400 Betroffene und Ratsuchende direkt oder vermittelt unterstützen und beraten. Das Thema Zwangsverheiratung ist in dieser Zeit sicherlich aus der Tabuzone herausgekommen und hat gleichzeitig nicht an Relevanz und Aktualität verloren.
Immer noch werden Mädchen und Frauen und auch Jungen und Männer dazu gezwungen, einen Menschen zu heiraten, den sie nicht lieben oder kennen.
Ihnen wird damit ein Menschenrecht verwehrt, sie werden in Ihrer Würde verletzt und massiv in ihrer Persönlichkeitsentwicklung und Selbstbestimmung eingeschränkt. Noch viel zu oft stehen besonders Mädchen und Frauen vor der „unfassbaren“ Entscheidung, ob sie ihre Familie verlassen müssen, um ein selbstbestimmtes Leben führen zu können, oder ob sie für die Familie auf eigene Wünsche, Rechte und selbstgewählte Liebe verzichten sollen.
Die Fachberatungsstelle gegen Zwangsheirat des Mädchenhaus Bielefeld e.V. bietet diesen Mädchen und Frauen (und auch Jungen und Männern) Unterstützung, Beratung, Halt und „Raum“, um für die meist sehr schwierigen Lebenslagen und großen inneren Nöte neue Lösungsansätze zu finden. Erfolg bedeutet in der Fachberatungsstelle, wenn wir erleben, dass Ratsuchende einen Zugang zu eigenen Wünschen und Zielen zurückgewinnen, dass sie die Erlaubnis spüren, an sich zu glauben und dass sie es wert sind, ohne Gewalt und Kontrolle zu leben. In unserer Arbeit ist es uns besonders wichtig, es den Betroffenen möglichst leicht zu machen, uns zu erreichen. Daher bieten wir vielseitige Wege an, mit uns in Kontakt zu treten:
Online über eine verschlüsselte E-Mail-Beratung und Chat-Beratung, telefonisch, über Messenger oder Instagram, face-to-face oder auch spontan persönlich nach von uns durchgeführten Präventionsveranstaltungen. Auch das Informationsmaterial ist niedrigschwellig und zielgruppengerecht aufbereitet und steht in acht Sprachen sowie auch in leichter Sprache zur Verfügung. Online sind wir gut vertreten und zu finden z.B. über den Instagram-Account Aktion_selbstbestimmt oder auch bei YouTube mit dem veröffentlichten Kurzfilm Wir gegen Zwangsheirat.
Mit kleinen und großen Informations- und Präventionsveranstaltungen tragen wir dazu bei, dass dem Thema Zwangsverheiratung in der Bevölkerung adäquater begegnet werden kann:
Zwangsverheiratung ist eine Menschenrechtsverletzung und eine spezifische Form der Gewalt im Familiensystem!
Mädchen, Jungen, Frauen und Männer dürfen nicht vor die unzumutbare Wahl gestellt werden, sich selbst aufzugeben oder ihre Familie zu verlieren!
Mädchen, Jungen, Frauen und Männern müssen die Menschenrechte zugestanden werden auf Selbstbestimmung, Gewaltfreiheit und freie Partner*inwahl!
Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, dass patriarchale Wertevorstellungen, die diesen Rechten entgegenstehen, nach und nach überwunden werden!